Montag, 17. August 2015

„TÜV Neu“, Händler unfähig


Treten kurz nach dem Gebrauchtwagenkauf Mängel auf, ist das ärgerlich. Wie kommt man von dem Vertrag wieder los?

Dazu hat der BGH in einem Urteil in dem es um ein Fahrzeug mit gerade neu erteilter HU ging, einige offene Fragen geklärt (BGH, Urt. V. 15.04.2015 – VIII ZR 80 /14).

Einerseits hat er die ständige Rechtsprechung bestätigt, dass einen Gebrauchtwagenhändler die Pflicht einer sogenannten „Sichtprüfung“ - einer äußeren Besichtigung – trifft, jedoch gerade nicht zu einer umfassenden tiefergehenden Überprüfung. Zu einer solchen kann er nur aufgrund zusätzlicher Verdachtspunkte verpflichtet sein, die für einen Mangel sprechen. Verschweigt er aus dieser Überprüfung gewonnene Informationen, ist eine Auflösung des Vertrags wegen „arglistiger Täuschung“ möglich.

Dem Gebrauchtwagenhändler kommt es hierbei zu Gute, wenn auch der TÜV die neue HU-Plakette trotz gravierender Mängel vergeben hat, selbst wenn die Mängel bei einer ordnungsgemäß durchgeführten Sichtprüfung normalerweise hätten erkannt werden müssen. Der Verkäufer hat dann zwar vermutlich grob fahrlässig gehandelt, was jedoch für eine arglistige Täuschung nicht ausreicht (BAG, Urt. V. 11.07.2012 – 2 AZR 42/11).

Andererseits hat der BGH festgestellt, dass die Bezeichnung „HU neu“ als Anpreisung des Fahrzeugs durch den Händler eine stillschweigende Parteivereinbarung dahingehend darstellt, dass sich das Auto sich in einem vorschriftsgemäßen verkehrssicheren Zustand befindet, der nach § 29 III StVZO für die Erteilung der HU maßgebend ist. Ist das nicht der Fall, liegt ein Mangel vor, der einen Rücktritt ermöglicht.

Bevor der Käufer zurücktreten kann, muss er dem Verkäufer jedoch grundsätzlich ein Recht zur Nacherfüllung gewähren, der Verkäufer hat also zuerst das Recht, die Mängel beheben. Das ist nur dann anders, wenn dies für den Käufer schlicht nicht zumutbar ist (s. § 440 S. 1 Var. 3 BGB). Gerade hier beginnt das Urteil dann tatsächlich richtig interessant zu werden. Der BGH hat nämlich entschieden, dass eine fachliche Inkompetenz des Gebrauchtwagenhändlers das Vertrauensverhältnis zum Käufer so sehr stört, dass diesem nicht zugemutet werden kann, dem Verkäufer noch das Recht zur Mängelbehebung einzuräumen. Vielmehr kann der Käufer beim „unfähigen“ Verkäufer sofort zurücktreten, wenn das Fahrzeug fehlerhaft ist. Eine solche Inkompetenz sie der BGH als indiziert an, wenn der Gebrauchtwagenhändler grobfahrlässig Mängel übersieht.

Christoph Strieder, Rechtsanwalt in Solingen und Leverkusen "Ressort" Verkehrsrecht. www.anwalt-strieder.de

Montag, 16. März 2015

Darf ein Fahrlehrer im Auto während der Ausbildungsfahrt telefonieren?


Jeder sollte es ja mittlerweile mitbekommen haben: es ist nicht recht zulässig, während der Fahrt mit dem Handy zu telefonieren oder es anderweitig zur Kommunikation zu nutzen. Bislang war es unklar, ob dies auch für den Fahrlehrer gilt, der während einer Ausbildungsfahrt mit dem Handy telefoniert. Immerhin ist dieser ja in irgendeiner Weise doch in den Prozess eingebunden, anders, als dies bei sonstigen Beifahrern der Fall ist (ob gleiches auch hierbei mehr oder weniger aktive Beifahrer geben soll). Der BGH hat jedenfalls zum Fahrlehrer entschieden, dass ein Fahrlehrer, der in der konkreten Situation nicht in die Ausbildungsfahrt eingreift, kein Kraftfahrzeug im Sinne der Grundsätze gemäß  §§ 315c, 316 StGB führt. Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO liegt daher nicht vor.Das OLG Düsseldorf hatte in einem vorigen Urteil weiter konkretisiert, dass der Fahrlehrer während der Ausbildungsfahrt ohne Freisprecheinrichtung mit dem Handy telefonieren darf, wenn der Fahrschüler schon geübt ist. Aufgrund der soliden Fähigkeiten des Fahrschülers führt der Fahrlehrer das Auto nicht im eigentlichen Sinne. Dies wäre nur der Fall, wenn der Fahrlehrer das Fahrzeug aktiv in Bewegung setzt oder während der Fortbewegung lenkt. Bloße Fahranweisungen reichen für ein „Führen“ nicht aus:
BGH, Beschluss vom 23.09.2014, Az. 4 StR 92/14

(RA Christoph Strieder, Solingen/Leverkusen, Ressort: Verkehrsrecht)
OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.07.2013,  Az. IV-1 RBs 80/13














Freitag, 14. November 2014

Telefonieren bei Start/Stopp Funktion

Dass die Benutzung eines Mobiltelefons, sogar die bloße Berührung desselben während einer PKW-Fahrt, eine Ordnungswidrigkeit darstellen kann, ist mittlerweile verbreitet bekannt. Dies ist in § 23 (1a) StVO geregelt. Das Ganze gilt aber nicht, wenn das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist (§ 23 (1a) S. 2 StVO. Ob diese Einschränkung aber auch dann anzuwenden ist, wenn das Fahrzeug durch eine Start/Stopp-Funktion des Motors beim Stand der Motor automatisch abschaltet, und er beim Anfahren wieder anspringt, war bisher ungeklärt. Das OLG Hamm (Beschluss vom 9.9.2014, AZ: 1 RBs 1/14) hat hierüber zu entscheiden. Das OLG Hamm hat ausgeführt, dass in § 23 (1a) StVO eine Einschränkung dahingehend, dass die Benutzung eines Mobiltelefons bei einem automatisch durch ein Start/Stopp System ausgeschalteten Motor untersagt ist, dem Gesetz nicht zu entnehmen sei. Aus dem gesetzlichen Wortlaut ergibt sich nicht, dass ein Ausschalten des Motors immer nur dann anzunehmen ist, wenn das Wiedereinschalten durch die manuelle Zündvorrichtung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck dieser StVO-Vorschrift. Diese soll nur klarstellen, dass der Fahrzeugführer beide Hände für die eigentliche Fahraufgaben zur Verfügung stehen (Christoph Strieder, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Fachanwalt für IT-Recht in Solingen/Leverkusen).
www.rechtsrat-verkehsrecht.de www.anwalt-strieder.de