Ein Haftpflichtversicherer kann bei einem Verkehrsunfall trotz seiner
grundsätzlich bestehenden Regulierungspflicht bei dem Versicherungsnehmer
Regress nehmen, wenn dieser eine schwerwiegende Verletzung seiner vertraglichen
Pflichten gegenüber der Haftpflichtversicherung begangen hat. Klar ist dies bei
einer vorsätzlichen Pflichtverletzung. Diese kann z.B. darin bestehen, dass ein
Versicherungsnehmer wissentlich betrunken Auto fährt und dann einen Unfall
verursacht. Der BGH hat dies nunmehr auch zur Frage grober Fahrlässigkeit
entschieden (BGH vom 11.01.2012, IV ZR 251/C). In dem entschiedenen Fall war
der Beklagte mit 2,1‰ Auto
gefahren, und war damit absolut fahruntüchtig. Er verursachte einen
Verkehrsunfall, den der Haftpflichtversicherer zunächst reguliert. Die
Regulierungskosten machte er dann gegen den Versicherten vollständig, und nicht
nur anteilig geltend. Grundsätzlich ist es so, dass bei bloßer Fahrlässigkeit
einer solchen Pflichtverletzung eine Quotierung des zurückzufordernden Betrages
zu erfolgen hat. Nach der Entscheidung des BGH muss dies im Einzelfall bei
grober Fahrlässigkeit aber geprüft werden. Immer dann, wenn der Schweregrad des
Verschuldens bei der groben Fahrlässigkeit sich dem Vorsatz annähert, kommt
auch eine vollständige Ersatzpflicht der regulierten Schäden durch den
Versicherungsnehmer in Betracht. Dies hat der BGH im Falle des Fahrens in
absoluter Fahruntüchtigkeit als gegeben gesehen und den Versicherungsnehmer zur
Erstattung der entstandenen Schäden, insgesamt knapp 46.500,00 €, verpflichtet.
Problematisch hieran ist allerdings, dass die Grenze zwischen grober
Fahrlässigkeit und Vorsatz verschwimmt. Beide Verschuldensformen sind nach dem
Willen des Gesetzgebers klar zu trennen. Maßstäbe dafür, wann ein grob
fahrlässiges Verhalten nahezu einem vorsätzlichen Verhalten entsprechen soll,
gibt es nicht. Zwar verweist der BGH auf eine Einzelfallentscheidung, schafft
aber mit dem Institut des „fast vorsätzlichen schuldhaften Verhaltens“ eher
Unklarheit als Klarheit. Im Umkehrschluss müsste ein vorsätzliches, aber nicht
schwerwiegendes Verhalten als ein vorsätzliches, nahezu fahrlässiges Verhalten
entsprechend mindernd gewertet werden, was aber so richtigerweise nicht
vertreten wird.
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